“Better to see something once than hear about it a thousand times.”

Vom Lake Louise hatte ich schon viel gehört. Ein türkisfarbener Bergsee vor der Kulisse der Rocky Mountains. Wie man es sich eben vorstellt. Postkartenmotiv. Wie der See still vor den Gipfeln liegt, welche sich im Wasser spiegeln. So eben.

Plain-of-the-six-glaciers

Nur irgendwie hatte mich nur niemand vor den tausend Touristen gewarnt. Ok, ich weiß nicht WAS ich mir vorgestellt hatte, aber DAS definitiv nicht. Also beginnt mein Besuch hier erstmal damit, mir durch Heerscharen von anderen Menschen meinen Weg bis zum Chateau Lake Louise zu bahnen und dann geduldig zu warten bis ich dieses Foto machen kann – ohne zusätzliche “Motive” im Vordergrund. Und nein, Geduld ist nicht meine Stärke!

Bereits im Vorfeld war klar, dass meine Travel Buddies und ich nicht nur kurz halten werden, um dieses eine Foto zu machen und dann zu behaupten, “wir waren da”. Nein, wir wollten Banff erleben. Zu Fuß!

Wenn ihr den Lake Louise auch etwas abseits der ausgetretenen Pfade erleben möchtet, dann kann ich euch eine Tageswanderung wie zum Plain of Six Glaciers Teahouse definitiv empfehlen. Ja es ist anstrengend. Aber man wird mit tollen Ausblicken und neuen Perspektiven belohnt. Zugegeben – alleine ist man in der Hochsaison definitiv auch auf den Trails rund um den Lake Louise herum nicht. Aber dafür trifft man nur noch andere Menschen, die erleben wollen. Nicht nur Postkartenmotive knipsen. Oder in Flip-Flops durch die Rocky Mountains spazieren.

Der Lake Louise liegt im Banff Nationalpark/Alberta und ist umgeben von sechs Gipfeln des Mount Fairview (2.745 m), Mount Lefroy (3.423 m), Mount Victoria (3.464 m), Mount Whyte (2.983 m), Mount Niblock (2.976 m) sowie des Mount St. Piran (2.650 m). Die Ebene der sechs Gletscher – Plain of Six Glaciers, deren Schmelzwasser den See speist. Das Chateau Lake Louise liegt am Ostufer des Sees und ist Ausgangspunkt für einige Tagestouren. Falls ihr keine Tageswanderung machen möchtet und trotzdem den Touristenmassen etwas entkommen wollt, kann ich den relativ ebenen und kurzen Lakeshore Trail empfehlen.

Wanderungen am Lake Louise

Es gibt mehrere Tageswanderungen am Lake Louise und in dessen Umgebung. Nachfolgend findet ihr nur die Treks, deren Ausgangspunkt direkt am Chateau Lake Louise liegen.

Lakeshore Trail

Eine schöne kurze Wanderung mit tollen Ausblicken entlang des Seeufers auf relativ ebener Strecke, welche auch Bestandteil der Wanderung zum Lake Agnes oder Plain of Six Glaciers Teahouse ist. Meines Erachtens ist sie auch sehr gut mit Kindern machbar.

  • Länge: ca. 4 km hin- und zurück
  • Dauer: ca. 1-1,5 Stunden
  • Höhenmeter: ca. 120 m
  • Schwierigkeitsgrad: einfach

Lake Agnes Teahouse

Wanderung vom Lake Louise zum Teehaus am Lake Agnes (in der Regel geöffnet von Juni bis Oktober) und zu den beiden Bergen Little Beehive und Big Beehive.

  • Länge: ca. 7 km hin- und zurück
  • Dauer: ca. 3-4 Stunden
  • Höhenmeter: ca. 385 m
  • Schwierigkeitsgrad: mittel

Plain of Six Glaciers Teahouse

Panoramawanderung vom Lake Louise zum Plain of Six Glaciers Teehaus (in der Regel geöffnet von Juni bis Oktober) mit Blick auf den Mt. Lefroy, Mt. Victoria and den Victoria Gletscher, ggf. mit Verlängerung zum Abbot Pass Viewpoint (zusätzliche 1,3 km).

  • Länge: ca. 11 km hin- und zurück
  • Dauer: ca. 4 Stunden
  • Höhenmeter: ca. 365 m
  • Schwierigkeitsgrad: mittel

Highline Trail

Verbindung zwischen dem Lake Agnes Teahouse und dem Plain of Six Glaciers Teahouse, beide Wanderungen können über den ca. 5 km langen Highline Trail miteinander verbunden werden. Die so entstehende Rundwanderung ist dann ca. 18 km lang.

Saddleback Pass / Mt. Fairview

Diese Wanderung bietet tolle Ausblicke auf den Mount Temple und den Lake Louise.

  • Länge: 7 km hin- und zurück
  • Dauer: 4 Stunden
  • Höhenmeter: 600 m
  • Schwierigkeitsgrad: mittel bis schwierig

Wir haben uns für die Wanderung zum Plain of Six Glaciers Teehaus entschieden. Man sagt, dass dies eine der schönsten Wanderungen im Banff Nationalpark sei. Außerdem ist diese etwas weniger frequentiert, als die Wanderung zum Lake Agnes Teahouse.

Panoramawanderung zum Plain of Six Glaciers

Am Seeufer des Lake Louise

Nachdem ihr euch durch die Touristenmassen gekämpft und auch das Postkartenmotiv-Foto im Kasten habt, folgt ihr für ca. 2 km dem Lakeshore Trail auf der rechten Seite des Sees. Genießt den Ausblick und die beginnende Ruhe, denn die Touristenströme lassen schon nach einigen hundert Metern merklich nach. Am Ende des Sees angekommen, erreicht ihr ein Flussdelta.

Plain of six glaciers hike

Hier ist die Chance am größten auch auf Bären zu treffen, die sich am Wasser aufhalten. Solltet ihr auf einen Bären treffen, dann hoffentlich aus sicherer Entfernung. Die Bedienung im Plain of Six Glaciers Teehaus erzählte uns, dass über die Sommersaison aufgrund der Vielzahl von Touristen kaum Bären gesehen werden. Wir sind trotzdem mit Bear Bells gelaufen (Glöckchen, die wir am Rucksack befestigten). Kanada ist eben Bärenland. Die Kanadier haben uns trotzdem davon abgeraten mit Bärenspray oder ähnlichem unterwegs zu sein, denn sollte man das verwenden müssen, ist der Bär sowieso schon viel zu nah. Deswegen ist es wohl ratsamer, sich anders bemerkbar zu machen, bspw. durch Bärenglocken. Andere Wanderer haben immer mal wieder kurz gesungen oder gerufen, um auf sich aufmerksam zu machen.

Es ist auf jeden Fall wahrscheinlicher, dass ihr ein paar kleinere Fellknäule wie beispielsweise Chipmunks (Streifenhörnchen) oder Pikas (Pfeiffhasen) entdeckt, als einen Bären. Sehr zum Leid meiner Travel Buddies habe ich mich hier ewig aufgehalten, um sie zu beobachten. Die Kleinen sind einfach zu goldig und absolut nicht scheu, so dass man mit etwas Geduld auch ein paar schöne Bilder machen kann.

Der Aufstieg zum Plain of Six Glaciers Teahouse

Nachdem ich mich endlich von den kleinen süßen Fellknäulen losgerissen habe (eigentlich hätte ich den restlichen Tag auch hier verbringen können) geht es am Fluss entlang jetzt stetig bergauf. Der Weg gabelt sich dann, einmal zum Plain of Six Glaciers Teahouse und zum Lake Agnes Teahouse. Ihr haltet euch links. Weiter geht es bis man die Ausläufer der Gletschermoräne erreicht. Von dort hat man einen tollen Blick zurück zum Lake Louise und zum Chateau. Und die Kanus und Kajaks leuchten nur noch als kleine bunte Punkte in weiter Ferne.

chateau lake louiseAuf der anderen Seite kommen die Gipfel des Mount Lefroy und Mount Victoria in Sicht.

mount-lefroy-victoria-glacierAb jetzt wird es nochmal recht steil und anstrengend. Immer häufiger trifft man jetzt auf andere Menschen, die sich bereits an den Abstieg gemacht haben und uns anlächeln: Ihr seid bald da. Na hoffentlich!

Und dann irgendwann kommt es: das Plain of Six Glaciers Teehaus. Seit 1924 steht es da. Ein Traum von einer kanadischen Blockhütte. Es gibt hier keinen Strom und kein fließendes Wasser. Alles wird noch von Hand gemacht. Auch die Vorräte werden größtenteils zu Fuß hier hoch gebracht. Bezahlen kann man nur Cash, was für Nordamerika ja eher ungewöhnlich ist. Wer sein Essen selbst mitbringt, findet einige schöne Bänke vor der Hütte. Ich genieße definitiv die Ruhe, das Gefühl es geschafft zu haben, ein frisches Getränk und die Aussicht.

Wer möchte kann jetzt noch weiter zum Abbot Pass Viewpoint laufen. Der Weg beginnt hinter dem Plain of Six Glaciers Teehaus entlang der Gletschermoräne. Hin- und zurück benötigt man ungefähr 1 Stunde für 1,3 Kilometer und 50 Höhenmeter.

Bevor es denselben Weg wieder zurück geht, genieße ich noch die Sonne und ruhe meine Füße aus. Nebenbei macht sich ein Chipmunk an meinem Rucksack zu schaffen.

Ich war da – und zwar wirklich!

Das solltet ihr beachten

  • Der Banff Nationalpark ist Bären-Territorium. Seid achtsam und macht euch bemerkbar, vor allem, wenn ihr den Weg nicht einsehen könnt oder am Wasser seid.
  • Tragt angemessene Schuhe und Kleidung, denn das Wetter kann sich schlagartig ändern. Der Großteil des Trails verläuft über der Baumgrenze, hier kann es im Sommer sehr heiß werden. Nehmt ausreichend Wasser mit und kleidet euch entsprechend.
  • Vor allem im Winter und Frühjahr kann es zu Lawinenabgängen kommen.
  • Habt Bargeld dabei, damit ihr eure Pause im Plain of Six Glaciers Teahouse genießen könnt.

Welchen Trek seid ihr im Banff Nationalpark schon gewandert?